"Gebückt steige ich die Treppe hinauf. Um eine kleine Ecke geht es immer weiter nach oben. Licht am Ende des Tunnels. Ich betrete eine kleine Terrasse. Das Sonnenlicht blendet."
Es ist morgens. Zu dritt sitzen wir in einem CNG und fahren Richtung Altstadt. Angekommen treffen wir zwei Bengalen, die regelmäßig Führungen anbieten. Sie hat lange graue Haare, die zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden sind. Er hat auch graues Haar und trägt einen grauen Schnurrbart. „Old Dhaka besitzt noch heute Gebäude aus der Moguln Zeit, die über 400 Jahre alt sind. Unter britischer Krone haben sich viele dieser Gebäude verändert. Meistens wurden sie erweitert oder umgebaut.“, erklären sie uns, bevor wir in eine kleine Seitenstraße einbiegen. Kleine Läden reihen sich aneinander. Viele Geschäfte der „Hindu Street“ verkaufen religiöse Gegenstände.
Wir betreten einen Laden. Es ist ein einziger Raum. Ohne Schaufenster und Tür bildet die Öffnung in der Fassade des mehrstöckigen Gebäudes den Eingang. Trotz des Ventilators und der großen Luftzufuhr ist es heiß. Hinter einem kleinen Tresen hocken zwei Männer. Kleine Vitrinen präsentieren weiße Armreifen, die eine frisch verheiratete Frau traditionell solange trägt, bis der Mann stirbt. Uns wird erklärt, dass der Schmuck aufwändig aus großen Muscheln hergestellt wird. Die Muscheln werden erst in Scheiben geschnitten und aus den einzelnen Teilen entstehen dann Ringe. Diese werden durch schleifen und feilen verschönert und verziert.
Wir verlassen das Geschäft, folgen der Straße und schauen immer wieder in andere kleine Läden hinein. Festschmuck aus Styropor mit Lametta, Hochzeitskronen, Flugdrachen, traditionelle Musikinstrumente, Gebrauchsgegenstände für den Haushalt, kleine Snacks, Tee und Süßigkeiten, Bilder von Göttern in goldenen Rahmen und noch viel mehr wird dicht an dicht angeboten. Wir bleiben vor einer kleinen Nische in der Wand stehen. Auf den ersten Blick kaum merkbar, erkennt man einen Eingang.
Ein langer Flur breitet sich vor und aus. An den Wänden hängen alle paar Meter Glühbirnen, die den Gang in ein warmes Licht tauchen. Die Decke hängt tief und ich muss mich bücken, um vorwärts zu kommen. Um eine Ecke führt eine Treppe steil nach oben. Die Stufen sind schmal und hoch gebaut. Der erste Stock gleicht dem Erdgeschoss - ein langer Gang an dessen Seiten Durchgänge zu erkennen sind. Am Ende des Flures steht eine Tür offen. Ein kleines Zimmer in das gerade so ein Bett passt wird von einer Familie bewohnt. Wir grüßen und besteigen das nächste Stockwerk. Die Treppe ist nicht mehr so hell beleuchtet und jeder Schritt muss wohl gewählt sein.
Zwei Ecken und unzählige Stufen weiter scheint Tageslicht in den Raum. Eine Terrasse eröffnet sich vor uns. Das ehemals vorhandene Dach ist teils abgebrannt. Große steinerne Bögen begrenzen den Vorbau. „Die Bögen sind mehrere hundert Jahre alt und werden von der Regierung kaum beachtet. Es wird gewartet bis alles zerfällt, damit man neue Häuser bauen kann. Wir kämpfen für die Restaurierung und den Denkmalschutz dieser Orte.“ Der Aufwand der Herstellung und die Vorstellung, wie es wohl früher aussah, beeindrucken mich. Wir verlassen das Gebäude und suchen weitere architektonische Überreste der letzten Jahrhunderte.