Herzlich Willkommen auf meinem Blog!


Diese Seite soll mir helfen Euch meine Erfahrungen, meine Eindrücke und meinen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst in Bangladesch näher zu bringen.

Von September 2008 bis August 2009 arbeite ich zusammen mit NETZ Bangladesch bei der Entwicklungsorganisation Ashrai. In dieser Zeit bin ich in einem Grundbildungsprogramm in der Region um Joypurhat tätig.

Nähere Infos zu dem Projekt findet Ihr "hier".

Ich werde mich bemühen regelmäßig aus Bangladesch zu berichten. Ihr habt zu jedem Post die Möglichkeit Kommentare abzugegen. Solange nicht anders gewünscht, werde ich die Kommentare nach einer Prüfung meinerseits veröffentlichen. Gerne dürft Ihr mir auch auch E-Mails schreiben oder mich auf eine andere Weise kontaktieren.


Peter


Freitag, 27. Februar 2009

Massengrab

27.02.2009

"Es ist oft unverständlich, wie grausam Menschen sein können, um nichtige Ziele zu erreichen. Ein Ereignis, das zumindest von mir nicht so schnell vergessen wird."

25. Februar: In den Nachrichten wird von einem Aufstand der Bangladesh Rifles (BDR) gesprochen. Sie halten ranghohe Offiziere des Militärs fest, denen sie eigentlich unterstehen. Es ist unklar, welches Ziel sie damit verfolgen. Das Gerücht eines Putschversuches verbreitet sich, bis deutlich wird, dass sie vor allem eine Verbesserung ihrer Lage fordern. Geringes Gehalt und weniger Privilegien gerade dem Militär und den anderen bewaffneten Einheiten Bangladeschs gegenüber sind die Ursache. Ausgangsort ist Dhaka, doch auch in den Provinzen folgen die Einheiten der Masse, halten Offiziere fest und sperren Straßen. Am frühen Nachmittag höre ich deutlich mehrere Schüsse in Joypurhat. Warnschüsse der BDR. Vor zwei Tagen bin ich noch an dem Stützpunkt der Grenzpatrouille vorbei gefahren. Jetzt ist das nicht mehr möglich. Von Kollegen höre ich, dass es ein Gerücht über drei tote Militärs in Joypurhat gibt. Das Mobilnetz ist schon seit heute Morgen außer Betrieb. Erst jetzt am Nachmittag habe ich die Möglichkeit mich mit anderen Leuten auszutauschen. Die Premierministerin hat Verhandlungen aufgenommen und bereits Straferlass für die vorgefallenen Aktionen zugesagt.

26. Februar: Auf die wenig erfolgreichen Verhandlungen lässt die Regierung Taten sprechen. Ich werde informiert, dass die Armee mit Panzern durch die Innenstadt Dhakas fährt. Sie umstellen das Hauptquartier der BDR, dessen Großraum kurzfristig evakuiert wurde. Später sehe ich auch Bilder im Fernsehen. Dort wird bereits jetzt von einigen Toten gesprochen. Ein paar Offiziere und Generäle konnten fliehen, aber ein Großteil wird vermisst. Die Zahlen sind unklar. Auch ist nicht abzusehen, wie sich die Lage entwickelt. Mit meinen Kollegen verfolge ich das Geschehen im Fernsehen. Als es sich abzeichnet, dass die BDR aufgeben, herrscht Erleichterung. Ein Waffengefecht mitten in Dhaka wäre unvorstellbar. In Joypurhat beruhigt sich die Lage.

27 Februar: Im Hauptquartier werden Massengräber gefunden. Man spricht mittlerweile von über 100 Toten. Die Leichen wurden teilweise verstümmelt und unter anderem in der Kanalisation versteckt. Die Regierung befindet sich in einem Dilemma. Sie hat zum einen Straferlass versprochen und dem Druck nach Gehaltserhöhungen nachgegeben, aber zum anderen kann man Mörder nicht straflos laufen lassen. Die Premierministerin kündigt ein Sondertribunal an, das die Verantwortlichen und Hintermänner zur Rechenschaft ziehen soll. Es soll nicht der Regierung unterstehen, sondern vom Militär selbst geführt werden. Die neu gewählte Regierung kann ihre Autorität damit nicht gerade unter Beweis stellen. Der Vorfall hat die gesamte Bevölkerung geschockt. Es werden drei Tage nationale Trauer angesetzt.

Ich sitze wieder vor dem Fernseher. Auf allen Kanälen werden die Namen der Verstorbenen eingeblendet. Immer wieder wird die Liste durch neue Namen ergänzt. Bilder der Offiziere werden gezeigt. Familienangehörige brechen vor den Kameras in Tränen aus. Augenzeugen berichten. Es ist ein schreckliches Schauspiel. Mir kommt es einfach nicht in den Kopf, wie eine ganze militärische Abteilung blind den Anweisungen folgt und ein Massaker am eigenen Volk anrichtet.

Die Bilder habe ich ein paar Tage später vor dem Hauptquartier der BDR in Dhaka geschossen.

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